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ARCHBISHOP






Messages


Die Kirche umarmt alle Leute

28/1/2007

Rede des Erzbischofs auf der Veranstaltung des Zentralen Israelitischen Rates Athen

Rede des Seligsten Erzbischofs von Athen und galz Griechenland Christodoulos auf der Veranstaltung des Zentralen Israelitischen Rates von Griechenland vor dem Standbild des unvergesslichen Erzbischofs Damaskinos auf dem Metropolie-Platz von Athen

Dank ist man dem Zentralen Israelitischen Rat von Griechenland und der Jüdischen Gemeinde von Athen für ihre Initiative, heute den unvergesslichen Erzbischof von Athen und ganz Griechenland Damaskinos zu ehren, schuldig, anlässlich des Nationalen Gedenkens an den Holcaust. Die Juden beweisen ihre reichen Gefühle von Dankbarkeit, die sie gegenüber ihren Mitbürgern, Griechen und Christen, für deren Beistand bei ihrem unmenschlichen Schicksalsschlag des Völkermords, verspüren, den sie unter den Nazis während des Zweiten Weltkriegs erlitten.

Von Anfang an muß ich betonen, daß der Erzbischof Damaskinos, den wir heute ehren, nichts als seine Pflicht als Christ und Hirte getan hat. Er hat in die Tat umgesetzt, was uns unsere Religion lehrt. Daß nämlich die größte aller Tugenden die Liebe ist, wie Jesus Christus mit dem Gleichnis des Guten Samariters gelehrt hat, und wie der Apostel der Völker Paulus im 13. Kapitel des 1. Korintherbriefs schreibt. Aber auch die Gerechtigkeit, die Erzbischof Damaskinos zur Anwendung brachte, ist höchste Tugend. Der Herr betonte in Seiner Bergpredigt: „Selig seien, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn denen gehört das Himmelreich“. Und der Prophet und Herrscher David charakterisiert jenen Menschen als selig, der seine Lebenssituationen rechtmäßig meistert, und fügt hinzu, daß des Gerechten ewig gedacht wird (Psalm 111). Und in der Weisheit Salomos lesen wir, daß die Kraft Gottes die Quelle seiner Gerechtigkeit ist, und daß er die Menschen gelehrt hat, daß der Gerechte seine Mitmenschen lieben muß (Weish. 12, 16-19).

Aber die Tatsache, daß der Erzbischof seine Pflicht getan hat, mindert in keiner Weise seinen Beitrag zur Zivilisation unserer Zeit, die damals von der Härte und Unmenschlichkeit bedroht war, heute dagegen von der Abstandnahme vieler von grundlegenden ethischen Prinzipien, deren provokatorische Missachtung unsere Epoche kennzeichnet.


Der Aufstand seines Gewissens

Indem der unvergessliche Erzbischof Damaskinos die Früchte des Geistes der Liebe und der Gerechtigkeit zu seinem Lebensinhalt machte, umarmte er in der dunklen Periode der Besatzung unseres Landes durch deutsche Militärmächte liebevoll seine vielgequälten jüdischen Mitbürger und rettete viele von ihnen. Außerdem ertrug sein Herz die Ungerechtigkeit nicht, und er protestierte laut bei der Nazi – Verwaltung von Athen, mit der Folge, dass er sein Leben unmittelbar in Gefahr brachte. Im hochinteressanten Band „Der Holocaust der griechischen Juden“, den der Zentrale Israelitische Rat Griechenlands in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretariat für die junge Generation 2006 herausgebracht hat, steht unter anderem: „Eine aktive Position zugunsten der Juden nahm die Orthodoxe Kirche unter der glanzvollen Führung des Erzbischofs von Athen Damaskinos ein. Mit seiner heimlichen enzyklischen Schrift an alle Kirchen, bewegte er Priester und Gläubige dazu, den verfolgten Juden jegliche Hilfe zu gewähren.“ (S. 230). Und in vielen Gegenden waren die lokalen Hierarchen, wie z. B. der Bischof von Chalkida Grigorios, von Dimitriada Ioakim, von Thessaloniki Gennadios zusammen mit ihren Priestern für die Rettung der Juden, Aufständischen und Geisel aktiv, die sich in äußerster Lebensgefahr befanden.

Konkret verlangte der unvergessliche Erzbischof, als er vom Beginn der Verfolgungen zu Lasten der Juden Griechenlands erfuhr, den Bevollmächtigten des Dritten Reichs in Griechenland, Günter von Altenburg, zu sehen, dem er die Beschwerden des Griechischen Volkes über diese Verfolgungen vortrug. Es ist bekannt, dass auf Beschluß der Nazi – Besatzungsmacht jeder Jude fremder Staatsangehörigkeit, der in Griechenland lebte, sich innerhalb einer konkreten Frist in das Land, dessen Staatsangehörigkeit er hatte, begeben musste. Für die griechischen Juden dagegen sah die Maßnahme den Massentransport nach Polen vor. Unser großer Literat Ilias Venezis gibt das Gespräch der beiden Männer wieder:

Erzbischof: Warum gehen die in Griechenland lebenden Juden spanischer Staatsangehörigkeit nach Spanien, die italienischer Staatsangehörigkeit nach Italien, und warum bleiben die griechischen Juden nicht in Griechenland, sondern sollen nach Polen transportiert werden?
Altenburg: Sie gehen um zu arbeiten....
Erzbischof: Wenn sie zur Arbeit geschickt werden, warum schickt man dann auch Frauen und Kinder und Alte?
Altenburg: Weil es hart ist, Familien zu trennen.... Wenn sie zusammensind, leben sie besser....

Der Erzbischof brachte dann dem deutschen Bevollmächtigten seine Bitte vor und sprach zu ihm im Namen der Humanität und der christlichen Zivilisation. Altenburg gab undeutliche Versprechungen, nachdem er zuvor bekannt hatte, dass die Jüdische Frage von höchster Bedeutung und programmatisch für den Nationalsozialismus gewesen sei und direkt vom Zentrum geregelt worden sei, und er selbst deshalb nichts machen könne. (Ilias Venezis, Erzbischof Damaskinos, die Jahre der Knechtschaft, Athen 1981, S. 260f.).

Der unvergessliche Erzbischof Damaskinos beließ es nicht bei seiner mündlichen Bitte an Altenburg. Er lud ins Erzbistum die Vertreter der höchsten geistigen Einrichtungen sowie der Wissenschafts- und Berufsorganisationen, und alle zusammen beschlossen unter dem Deckmantel der Kirche zwei Memoranden einzureichen, die in die Geschichte eingingen. Das eine Memorandum war an den Besatzungsministerpräsidenten Logothetopoulos addressiert und das andere an Altenburg. Im ersten, mit Datum 23. März 1943 wird u.a. betont:

1. Nach dem Sinn der Bedingungen des Waffenstillstands müssten alle griechischen Bürger von den Besatzungsmächten gleich behandelt werden, unabhängig von Volkszugehörigkeit und Religion.
2. Die griechischen Israeliten haben sich nicht nur als wertvolle Faktoren für die Wirtschaftsleistung des Landes erwiesen, sondern zeigten auch Rechtsbewusstsein und völliges Verständnis ihrer Pflichten als Griechen.
3. Angesichts des Nationalbewusstseins der Kinder der gemeinsamen Mutter Griechenland erscheinen sie als unlösbar vereinte und gleichberechtigte Mitglieder des nationalen Organismus, unabhängig von jeder religiösen oder dogmatischen Verschiedenheit.
4. Die Christliche Religion akzeptiert keinerlei Diskriminierung, Überlegenheit oder Unterschätzung, die sich auf die Volkszugehörigkeit oder Religion stützt, indem sie dogmatisch lehrt, dass es „weder Jude noch Grieche“ mehr gibt (Gal. 3,28), und indem sie so jede Tendenz zur Schaffung jeglicher Diskriminierung aufgrund „völkischer oder religiöser Verschiedenheit“ verurteilt. Zum Schluß verleiht er seinem Interesse für das Schicksal der 60000 Griechen israelitischer Religion Ausdruck.

Entsprechend war auch der Brief des Erzbischofs und der Vertreter der höchsten geistigen Einrichtungen und der übrigen Persönlichkeiten Griechenlands an Altenburg. Es ist bemerkenswert, dass im oben genannten Band des Zentralen Israelitischen Rates betont wird, dass die Verfassung und Unterzeichnung der beiden Memoranden von vielen bedeutenden Persönlichkeiten des griechischen öffentlichen Lebens viel Mut forderte, wenn man die Bedingungen des Terrors berücksichtigt, den die SS auferlegt hatten.

Die unvergessliche Journalistin Maria Rezan schrieb in ihrem Buch „Mit Nostalgie ... über ein Leben so ganz ohne Programm“ (Athen 2000) über ihre eigene und ihrer Familie Rettung: „Es war freilich auch Damaskinos, der Erzbischof, der während der Besatzung, in ihrer schwärzesten Stunde, jene einzigartige Meldung herausgab, mit der er sich darüber beschwerte, was seine Mitbürger jüdischer Abstammung erlitten. Und er war die Ursache, weshalb der Rabin von Athen Bartzilai nach seiner Begegnung mit ihm erklärte: . Und so erwachten, so viele erwachten, von seinen Glaubensbrüdern, und jeder versteckte sich, wo er konnte ...“

Wer die Geschichte jener Epoche untersucht, wird überrascht von der Tapferkeit der Griechen, die trotz der Drohungen der deutschen Militärverwaltung, dass derjenige, der Juden versteckt, an Ort und Stelle erschossen wird, ein breites Netz zur Versteckung der Verfolgten und zur Fluchthilfe anderer entwickelten. Mit rechtmäßig scheinenden Tricks, wie dem der Personalausweise, übertrafen sie alles Vorausgehende.

Die Personalausweise mit gefälschten Daten

Der Erzbischof rettete in Zusammenarbeit mit dem tapferen Polizeidirektoren von Athen Angelos Evert und dem ebenso tapferen Generaldirektoren der Verwaltungsbehörden der Stadt Athen P. Chaldezos Hunderte von Juden, indem er sie auf dem Papier als Christen „taufte“ und von Chaldezos die Ausgabe von Standesamtsurkunden der Stadt verlangte, von Evert dagegen, dass er mit seiner Unterschrift Personalausweise mit gefälschten Daten ausstellte, auf denen als Religionszugehörigkeit der Juden „Griechisch – Orthodox“ stand.

Venezis schreibt diesbezüglich, dass Erzbischof Damaskinos Chaldezos ins Erzbistum rief und ihm sagte: „Ich habe mein Kreuz gemacht, habe mit Gott gesprochen und beschlossen, so viele jüdische Leben zu retten wie möglich. Auch wenn ich selbst in Gefahr geraten sollte. Ich werde die Juden „taufen“ und du wirst standesamtliche Urkunden ausstellen, damit sie Personalausweise als christliche Griechen bekommen können...“ Im Widmungsband erwähnt der Zentrale Israelitische Rat, dass mit dem Trick der Personalausweise mit gefälschten Daten, den sich der Erzbischof ausgedacht hatte, 560 Athener Juden, sowie auch andere aus verschiedenen Städten, die in der Hauptstadt Zuflucht fanden, bis zum Ende des Krieges überlebten, indem sie sich als Orthodoxe Christen ausgaben. Die Verzeichnung der Religionszugehörigkeit auf den griechischen Personalausweisen erwies sich damals als heilsam für die israelitischen Griechen. In keinem anderen besetzten europäischen Land war es möglich, einen solchen Trick anzuwenden, da nirgends die Religionszugehörigkeit in den Personalausweisen stand. Wir Griechen sollten uns überlegen, was und wie viel wir verlieren, statt zu gewinnen, wenn wir unüberlegt und oberflächlich Steinchen vom wertvollen Mosaik unserer geistigen und kulturellen Besonderheit ausbrechen.


Die Seele zugunsten der Schafe...

Das Handeln des Erzbischofs zugunsten seiner Mitmenschen und dem Befreiungskampf des griechischen Volkes rief den Zorn und Haß der Besatzungsmächte hervor und besonders der Männer der SS, die ihn zu ermorden planten. Freunde und Berater forderten den Erzbischof Damaskinos auf, ins Ausland zu fliehen, worauf jener antwortete: „Ich stehe der Nation zur Verfügung und werde mein Volk nie verlassen. Und wenn es nötig sein sollte, aus Athen zu fliehen, dann nur in die griechischen Berge und niemals in die Fremde.“

Schutzengel des Erzbischofs war der Polizeidirektor von Athen Angelos Evert. Der unvergessliche Professor Ioannis Georgakis, damals Sekretär des Erzbischofs Damaskinos schreibt, dass er selbst und Evert Informationen hatten, dass die Männer der Gestapo in der Athener Unterwelt den Menschen suchten, der die Ermordung des Erzbischofs übernehmen würde. Deshalb überredeten sie ihn, vorübergehend von Psychiko in die Dimokritos Straße 1 zu ziehen. Dort wohnte im oberen Stock Georgakis mit seiner Familie. Die Gestapo, die den Erzbischof verfolgte, sah, dass er am Abend nicht nach Hause zurückkehrte, und begann nach ihm zu suchen. Georgakis begriff, dass Damaskinos in Gefahr war und benachrichtigte Evert. Jener schickte für alle Fälle vier Polizisten vor das Haus in der Dimokritos Straße.

In aller Frühe kamen die Autos der Gestapo dort an und befahlen den griechischen Polizisten, sich zu entfernen... Die Männer der Gestapo schlugen stark gegen die Tür und drangen gewaltsam ins Haus ein. Sie verlangten vom Erzbischof ihnen zu folgen, aber jener lehnte ab. Das Oberhaupt der Männer der Gestapo geriet in eine ausweglose Situation und erteilte ihm vorübergehenden Hausarrest und völlige Isolierung, bis zu seinem Transport nach Ausschwitz. Evert, Dinos Doxiadis, die Familie Konstantinos Tsatsos, der Schweizer Botschafter, das Internationale Rote Kreuz und der alliierte Funk, in Vilia/ Attika, zerbrachen die Sperre.

Evert und Doxiadis suchten nach Fluchtmöglichkeiten für den Erzbischof, aber jener lehnte erneut ab und sagte: „Wie ist es möglich, dass ich, der Hirte, wenn die Blüte des griechischen Widerstandes in die Konzentrationslager geschafft wird, akzeptiere zu fliehen und ihr Schicksal nicht zu teilen?“ So schloß das Thema seiner Flucht. Aber das Ansehen des Erzbischofs war sowohl im griechischen Volk als auch in der internationalen öffentlichen Meinung so groß, dass auch die Männer der SS nicht wagten, ihn aus dem Weg zu räumen oder in ein Konzentrationslager zu bringen. In seinem Buch „Angelos Evert, sein Wirken während der Besatzungszeit in Zeugenberichten“ (Verl. I. Sideris, Athen 2007, S.163), das vor kurzem in Umlauf kam, bemerkt der ehemalige Vorsitzende der Neuen Demokratie und ehemalige Minister Miltiadis Evert, dass Erzbischof Damaskinos zu den Protagonisten des nationalen Kampfes gegen die Deutschen gehörte, und schreibt über die Beziehung seines Vaters Angelos Evert zum Erzbischof: „Die Beziehung des Erzbischofs zu Angelos Evert war eng, und die Zusammenarbeit der beiden Männer im Widerstand und der Spionageabwehr war ununterbrochen während der gesamten Dauer der Besatzung“. Der explosive christozentrische und ethnozentrische Charakter des Erzbischofs Damaskinos drängte ihn immer zu waghalsigen, seinen Prinzipien treuen Energien, indem er sich selbst unter das gutgemeinte Interesse der Kirche und der Nation stellte. Seine authentische Antwort an Altenburg, der ihm drohte, wenn er sich in die Berge begeben sollte und den Widerstand des griechischen Volkes leiten sollte, seine Verhaftung und Verweisung ans Militärgericht zu befehlen, war mutig, ehrenhaft, historisch und den Traditionen des griechischen Orthodoxen Klerus angemessen und auf wenige Worte beschränkt: „Die griechischen Bischöfe werden nicht erschossen, sie werden erhängt“.

Diese bedeutungsvolle Antwort platzieren wir heute, auf Initiative des Zentralen Israelitischen Rates, am Sockel des Standbilds des Bischofs, der das griechisch – orthodoxe Ethos, unsere Geschichte und Tradition würdigte.


Die Anerkennung

Die Aktivitäten des Erzbischofs Damaskinos zu Gunsten der Juden blieb nicht unbemerkt. Im Gegenteil, Israelis und Israeliten zeigten und zeigen bis heute, bis zu dieser bescheidenen aber wichtigen Veranstaltung und mit dieser Inschriftentafel, die an seinem Standbild angebracht wird, auf jede Art und Weise ihren Dank und ihre Menschlichkeit, da sie die Menschen, die ihnen in den schweren Stunden des Genozids geholfen haben, nicht vergessen.

Erzbischof Damaskinos steht in der Goldenen Bibel Israels als einer der Gerechten der Völker, zusammen mit anderen heroischen Griechen, Bischöfen, Geistlichen und Laien, Orthodoxen Griechen, die mit ihren Energien griechische Bürger jüdischer Religion vor dem sicheren Tod retteten. Der Vorsitzende des Europäischen Hebräischen Kongresses Teo Klein betonte u.a., dass der Erzbischof von Athen und die Orthodoxe Kirche zusammen mit Angelos Evert ihre Türen öffneten, um viele Juden zu retten.

Ebenso bemerkte der griechische Botschafter in Washington, Alexandros Philon, in seinem Brief an Miltiadis Evert mit Datum vom 10. April 2006, in dem er ihn über das Ehrendiplom und die Medaille informierte, die seinem Vater Angelos Evert nach dessen Tod von der Stiftung Raul Valenberg zugeteilt wurden, dass dieselbe Medaille auch im Gedenken an Erzbischof Damaskinos und an den Metropoliten von Zakynthos Chrysostomos und an den Bürgermeister von Zakynthos Loukas Karer, die mit ihrer Haltung zur Rettung der Juden von Zakynthos beitrugen, erteilt wurde. Dieses Ereignis ist leider nicht hinreichend bekannt. Damals wurde vom deutschen Leiter der Wache auf Zakynthos der damalige Bürgermeister Loukas Karer vorgeladen und aufgefordert, ihm eine Liste mit Namen und Anschriften der Juden auf der Insel zu erstellen. Der Bürgermeister wandte sich an den Metropoliten, den unvergesslichen Chrysostomos Dimitriou. Die beiden Männer kamen sich überein und begaben sich beide zum festgelegten Termin in die Kommandatur, und dort überreichte der Metropolit dem deutschen Verwalter einen verschlossenen Umschlag. Jener wechselte, als er den Umschlag im Glauben, er beinhalte die ersehnte Liste, öffnete, zehnmal die Gesichtsfarbe, als er im Umschlag ein Blatt Papier fand, auf dem nur zwei Namen standen: Metropolit von Zakynthos Chrysostomos, Loukas Karer, Bürgermeister.


Die Wiederherstellung

Meine Lieben, die Machthaber dieser Welt glauben, dass sie, wenn sie Unrecht tun, wenn sie foltern, wenn sie Tausende oder gar Millionen Menschen töten, die Geschichte ändern werden, ihren Willen auferlegen werden, den Plan Gottes korrigieren werden, zu Weltherrschern werden und jeden Menschen vernichten werden, den sie mit ihren ideologischen Kriterien als Feind charakterisieren. Im 20. Jahrhundert lernte die Menschheit die unmenschlichsten Systeme dieser Art in ihrer Geschichte kennen. Diese Machtsysteme verkamen jedoch, wurden ertränkt, fielen lärmvoll in sich zusammen und stellen inzwischen eine genauso tragische wie schlechte Erinnerung und Beispiele zur Vermeidung dar. Jener Alptraum ist vorbei, und die Menschheit geht ihren Weg weiter, zwar mit Traumata, aber auch mit nützlichen Hoffnungen. Hat sie folglich aus ihren Leiden gelernt? Hat sie neue Entschlüsse gefasst? Hat sie gesehen, dass Menschen ohne moralische Schranken oder innere Widerstände, ohne Glauben und Gottesfurcht, ohne Prinzipien gefährlich sind, wenn sie Macht erwerben? Hat die Mehrheit der Menschheit verstanden, was für sie von Interesse ist?

Erlauben Sie mir, in dieser Stunde mich auf die Doxologie zu berufen, die am 12. Oktober 1944 gehalten wurde, also am Tag der Befreiung der griechischen Hauptstadt von den Nazi – Besatzungsmächten, hier in der Kathedrale von Athen, unter geistlichem Vorsitz des Erzbischofs Damaskinos und der Teilnahme Tausender Griechen, deren Seelen von nationaler und religiöser Begeisterung pallten. Venezis verewigte den Hymnus, den der Chor der Metropolie mit Segen des Erzbischofs Damaskinos an jenem Tage sang. Es handelt sich um Verse aus den Psalmen Davids, speziell ausgewählt für die damalige Situation. Hier einige davon:
- „Deine Rechte, Herr, sei in Kraft gepriesen, Deine rechte Hand, Herr, hat die Feinde zerstört und mit der Fülle Deiner Ehre hast Du die Entgegengesetzten zertrümmert.
- Du hast uns vor denen gerettet, die uns Trauer zufügten, und hast die uns Hassenden beschämt.
- In Qualen wurden wir gequält, als Schafe zur Schlachtung wurden wir ausgesucht. Ein Teil des Volkes wurde in Ketten gelegt, unsere Äcker wurden aufgeteilt, unsere Häuser verwüstet und wir selbst frevelhaft beschimpft.
- Sie haben Dein Volk, Herr, herabgesetzt und Dein Erbe misshandelt.
- Die wurden an den Füßen gebunden und sind gefallen, wir dagegen sind auferstanden und haben uns aufgerichtet. Denn den blutrünstigen und trügerischen Mann verabscheut der Herr.
- Ihr Gedenken ist mit Lärm verlorengegangen. Jubelt Gott alle Welt. Alle Völker klatscht die Hände.“

Daraufhin betete der Erzbischof Damaskinos mit einer Stimme, die vergeblich versuchte, seine Rührung zu verbergen, für die Freien Griechenlands:
- „Preiset ihr Engel des Herrn und Chöre der Gerechten und Sonne und Mond und Sterne den Herrn.
- Preiset Erde und Gebirge und Berge und die dort wohnenden Völker den Herrn.
- Preiset Quellen und Meere und Flüsse und alle Gewässer den Herrn ... Preiset ihr Schatten toter Heroen und Massen der Lebenden und Zehntausende von Opfern und Reihen von Gräbern und Schwärme von Trauernden in Freudentränen den Herrn...
- Preiset ihr siegreichen Phalangen der Befreier und Schall der Waffen und Siegestrompeten und Ruhmgesänge den Herrn.
- Preiset ihr Gotteshäuser und wohlklingende Glocken und Strahlen der blauweißen Fahnen und befreites System ununterworfener Diener mit Hymnen und Dankgesängen den Herrn.
- Herr unser Gott, stärke unsere Nation, verwandle die Dornen des bitteren Martyriums in Lorbeer, mit Ruhm und Ehre kränze die Sieger.“

Und Venezis schließt: „Sagte der Despot. Und die weinende Masse dankte Gott“.
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Ich sagte vorhin, dass die unmenschlichen Regime in sich zusammenbrachen und eine äußerst schlechte Erinnerung darstellen. Aber wir müssen alle auf der Hut sein, dass nicht nur die Menschheit nicht noch einmal ein solches Scheusal erlebt, sondern auch dass wir unsere Gesellschaft noch menschlicher und toleranter machen. Für uns sind Voraussetzungen für eine friedliche und glückliche Gesellschaft die Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen, unabhängig von Volkszugehörigkeit und Religion, sowie die Gerechtigkeit, die Vaterlandsliebe, die Ehre vor den Heroen, das lebendige historische Gedächtnis. Völker, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern wollen, haben kein Recht auf Zukunft. Wir alle sind verpflichtet, für uns und die Jüngeren die Geschichte unverfälscht zu bewahren, ohne auf sie Prokroustes – Methoden anzuwenden. Und im Maß seiner Möglichkeiten muß ein jeder von uns vermeiden, dass nur wenige Mitglieder zählende extreme, rassistische, terroristische oder totalitäre Gruppen der Gesellschaft ihre unmenschlichen Ideologien auferlegen. Wir glauben an die Toleranz gegenüber der Verschiedenheit unserer Mitmenschen, an die Achtung jeglicher Meinung des anderen, an die Abschaffung der Todesstrafe und Folter, an die Freiheit der Meinungsäußerung und an die Menschenrechte. Als Christen, als Menschen mit aufrichtigem Gewissen und als freie und pflichtbewusste Bürger unterstützen wir den totalen Widerstand gegen den Terrorismus, den Rassismus, die Fremdenangst, gegen die Abschaffung der Verschiedenheiten, gegen die Vereinheitlichung aller in einer synkretistischen Lebensauffassung. Wir in Griechenland haben die genannten Prinzipien in die Tat umgesetzt. Und das gemeinsame, friedliche Leben mit bewundernswürdiger Zusammenarbeit von Juden, Christen und Muslimen in unserem Land stellt ein greifbares Beispiel und Vorbild des reibungslosen Zusammenlebens von Menschen dar, die unterschiedlichen Religionen folgen, Vorbild für die Völker der Erde.

Von diesem heiligen Ort hier aus möge weltweit unser fester Entschluß zu hören sein, mit allen Menschen guten Willens auf der Welt, den Kampf unserer eigenen Wachsamkeit und die Erweckung vieler anderer für die Ideale der Menschlichen Würde, der Liebe und der Gerechtigkeit zur Verhinderung eines erneuten Abrutschens der Menschheit zu unmenschlichen, barbarischen, die Zivilisation aufhebenden und den Fortschritt ungültig machenden Praktiken, zu führen.-



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